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„Verkehrspolitik offiziell in der Sackgasse“ Statistisches Bundesamt: Auto dominiert / Riesiger Nachholbedarf für Schiene / Kommentar: Güterbahn nicht vergessen

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Berlin, 11. September 2020. „Als amtlichen Beleg für eine völlig fehlgesteuerte deutsche Verkehrspolitik“ wertet Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, die heute vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Daten zur Verkehrsinfrastruktur. „Jetzt ist es offiziell. Die deutsche Verkehrspolitik steuert in die völlig falsche Richtung. Sie hat sich über Jahrzehnte hinweg umwelt- und klimapolitisch in eine Sackgasse manövriert“, so Flege. „Wenn wir beim Klimaschutz vorankommen wollen, brauchen wir eine Neuausrichtung, eine Wende der Verkehrspolitik um 180 Grad. Künftig muss der Schwerpunkt auf klimafreundlichem statt auf umweltbelastendem Verkehr liegen.“


Statistische Bundesamt: „Auto dominiert deutsche Verkehrsinfrastruktur“

„Das Auto dominiert als Verkehrsmittel die deutsche Verkehrsinfrastruktur“, folgert das Statistische Bundesamt aus seiner Analyse der Infrastrukturdaten aus den vergangenen Jahrzehnten. Das Straßennetz für den überörtlichen Verkehr war 2019 laut den amtlichen Daten fast sechsmal so dicht wie das Schienenstreckennetz
 
Hier müssen die Autos der Bahn den Vorrang geben!
Die Arosabahn der Rhätischen Bahn fährt mitten 
durch Chur über die Stadtstraßen.
 

 

Dies ist das Ergebnis einer dauerhaft einseitig auf die Straße ausgerichteten Verkehrspolitik. 

Die Autobahnlänge stieg zwischen 1995 und 2019 um 18 Prozent. 

Das Bundesschienennetz schrumpfte im selben Zeitraum um gut 20 Prozent. 

„Diese Fehlsteuerungen lassen sich nicht über Nacht korrigieren“, betonte Flege. „Wir brauchen jetzt eine Verkehrspolitik, die dauerhaft und nachhaltig den Schwerpunkt auf den Ausbau der klimafreundlichen Schiene setzt.“


Immer mehr Pkw – aber weniger Bahnhöfe

Ein weiterer Beleg für die Fehlausrichtung und Fehlentwicklungen im deutschen Verkehrssektor ist die Pkw-Dichte. Sie ist laut Statistischem Bundesamt zwischen 2009 und 2019 noch einmal um zwölf Prozent auf 569 Pkw pro 1.000 Einwohner gestiegen

Zum Vergleich: 

Die Zahl der Bahnhöfe ging in demselben Zeitraum um gut ein Prozent zurück. 

„Immer mehr Autos, dafür weniger Bahnhöfe und weitere Wege für die Menschen zur Schiene – mit dieser Bilanz kann niemand zufrieden sein“, sagte Flege.


Umweltbundesamt: Deutsche Verkehrspolitik ist ungerecht

Die einseitige Priorität für die Straße schadet nicht nur der Umwelt. Sie ist auch ungerecht. Darauf weist Umweltbundesamt in einer ebenfalls heute veröffentlichten Pressemitteilung hin. 

Demnach leisten sich vor allem Haushalte mit hohem Einkommen mehrere Autos. Unter den Haushalten mit dem höchsten ökonomischen Status besitzt jeder Zehnte drei oder mehr Autos. 

Über die Hälfte der Haushalte am unteren Ende der Wohlstandsskala verfügt über gar kein Auto. 

Doch die Preise für den Öffentlichen Personennahverkehr sind laut Umweltbundesamt zwischen 2000 und 2018 um 79 Prozent gestiegen. 

Bahntickets wurden um 57 Prozent teurer. 

Die Kosten für den Kauf und Unterhalt eines Pkw nahmen dagegen um nur 36 Prozent zu. 

„Gerade die Menschen mit geringem Einkommen sind auf ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz angewiesen“, so Flege. „Wer den öffentlichen Verkehr fördert, fördert auch die Gerechtigkeit.“



Weitere Informationen:
Pkw-Dichte um 12 Prozent gestiegen – PM vom Statistischen Bundesamt


Kommentar von Felix Staratschek

Diese Meldung hat einige Schwächen. Wie teuer Bahnfahren wirklich geworden ist, kann man angesichts der vielen Sparpreise nicht sagen. Viele wissen gar nicht wie preiswert man Zug fahren kann, wenn man früh bucht, wenn man ohne ICE bucht, wenn man mögliche Routen varriiert oder wenn man an einem wichtigen Umsteigebahnhof die Aufenthaltszeit verändert. Eine Stunde Aufenthalt kann schon 50 Euro Fahrpreissenkung bringen, das ist doch ein guter steuerfreier Stundenlohn. Für 60 Euro von Wuppertal nach Innsbruck in der 1. Klasse oder für 40 Euro in der 2. Klasse nach Arosa, da kann man eigentlich nicht klagen. Nur wenn man sehr kurzfristig eine Fahrt antreten muss, hat man gute Chancen den vollen Preis zahlen zu müssen. 
 
Das waren noch Zeiten, als man für eine DM oder 
heute 50 Cent im VRR die Kurzstrecke fahren konnte. 
Heute wären dafür 3,4 DM fällig oder 1,70 Euro.

Der entscheidende Fehler dieser Meldung ist aber, dass der Güterverkehr nicht vorkommt und dass kein Konzept erwähnt wird, wie man durch eine moderne Güterbahn LKW-Fahrten vermeiden kann. Die Infrastruktur der Güterbahn wurde viel stärker zurück gebaut, als die des Personenverkehrs, viele Strecken wurden so modernisiert, dass es keine Kapazitätem mehr für Güter- und Sonderzüge gibt. Wichtig wäre daher ein Moratorium gegen den Auskauf der Bahnflächen, bis man weiß, welche Flächen man wieder braucht, wenn man auf der Schiene und an modernsten Ladestellen wieder flächendeckenden Güterverkehr durchführen will. 

 
Containerverladung in Hof, es ginge noch einfacher 
durch Horizintalverschiebung direkt zwischen 
LKW und Wagon. Das ist an jedem Ladegleis 
möglich. 

 
Früher war der Güterverkehr der Lebensnerv der Bahn. Denn in Bereichen, wo die Bahn ein Monopol hatte, wie dem Ganzzugverkehr konnte die DB höhere Preise verlangen und damit die gesetzlich gedeckelten Preise des Güterverkehrs in Fläche ausgleichen. Jetzt haben wir vor allem im Ganzzugverkehr Wettbewerb, die Preise liegen nahe an den Grenzkosten. Da kann die Bahn nichts mehr erwirtschaften für eine interne Quersubventionierung oder große Investitionen in die Fläche. Die logische Folge von diesem Wettbewerrb ist daher, dass der Staat hier mit massiven Investitionen einspringen muss, damit der Güterverkehr der Bahn wieder in die Fläche kommt. Auf Containerbasis ist heute eine ganz andere Güterbahn möglich, als früher. Güterverkehr im Takt und Logistikhallen mit Gleisanschluss in jeder Stadt über 20.000 Einwohner, in strukturschwachen Regionen auch darunter, können die Bahn attraktiv machen. Und wenn der Straße die externen Kosten voll angelastet werden und evt. zur Lenkung des Verkehrs weitere Steuern beschlossen werden, können nach einer Startinvestition diese Güterzüge großteils auch wirtschaftlich fahren. Allerdings muss das strukturpolitisch nicht auf jeder Verbindung der Fall sein. Wir brauchen nicht nur für Fahrgäste einen Deutschlandtakt, sondern auch für Güter. Und durch Container kann das Rangieren weitgehend entfallen, weil künftig die Wechselbehälter umsteigen und so auf die lokalen Güterzüge gestellt werden, dass immer die letzten Wagen abgehangen werden können.     

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