Der Bund ist bei der Elektrifizierung des Schienennetzes in Deutschland deutlich im Rückstand. Die Allianz pro Schiene und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) beklagen, dass die Bundesregierung ihr im Koalitionsvertrag verankertes Ziel von 75 Prozent Elektrifizierung bis zum Jahr 2030 bei gleichbleibendem Tempo nicht mehr erreichen wird: denn es fehlen noch rund 4.500 Streckenkilometer. Außerdem braucht es aus Sicht beider Verbände eine ehrgeizige Fortschreibung der Ziele, um das Schienennetz resilienter zu machen, Elektrifizierungslücken zu schließen und Engpässe für den Schienengüterverkehr abzubauen.
Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin: „Bislang sind erst 62 Prozent des Bundesschienennetzes in Deutschland elektrifiziert. Um das 75%-Ziel wie geplant bis 2030 zu erreichen, müsste der Bund sein bisheriges Tempo verachtfachen. Das ist, so bedauerlich wir das finden, beim bisherigen Umsetzungsstand gänzlich unrealistisch.“
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Der Geschäftsführer Eisenbahnverkehr des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Martin Henke: „Wir brauchen hier eindeutig mehr Tempo. Die Branche wünscht sich einen deutlich schnelleren Fortschritt. Wir halten ein Elektrifizierungsziel von 80% bis zum Jahr 2035 nicht nur für wünschenswert, sondern auch für realistisch.“
Mehr Tempo durch weniger Bürokratie
Die von der Bundesregierung eingesetzte Beschleunigungskommission Schiene, in der beide Verbände vertreten waren, hat bereits Ende 2022 Vorschläge gemacht, wie man bei der Elektrifizierung schneller vorankommen könnte. „Neben einer stabilen Finanzierung geht es im Wesentlichen darum, Bürokratie abzubauen. Sonst vergehen allzu oft viele Jahre bis zur Umsetzung“, so Flege. „Konkret schlagen wir vor, nicht bei jedem einzelnen Elektrifizierungsvorhaben aufs Neue eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchzuführen, da es ja ein klares Ziel für mehr Oberleitungen gibt und eine Elektrifizierung ab einer gewissen Streckenauslastung in jedem Fall volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Auch kann somit auf aufwändige Genehmigungsverfahren bei kleineren Elektrifizierungsprojekten verzichtet werden. Darüber hinaus würde eine Fondslösung helfen, die Finanzierung von Elektrifizierungsprojekten zu vereinfachen und zu beschleunigen.“
Beide Verbände wiesen zudem darauf hin, dass für Oberleitungen auf Nebenstrecken inzwischen deutlich kostengünstigere Standards entwickelt wurden. Martin Henke: „Bislang wurden Oberleitungen immer für Geschwindigkeiten von mindestens 160 km/h ausgelegt, selbst wenn eine Strecke nur mit deutlich geringerem Tempo befahren wird. Das ist in vielen Fällen unnötig und verursacht unnötig hohe Kosten. Der Branchenverband VDV empfiehlt bei der Elektrifizierung von Nebenstrecken eine Regeloberleitung 100 km/h (Einfachoberleitung), um Bauaufwand und Kosten zu sparen. Generell sollte bei Reaktivierungen mindestens 80 km/h Streckengeschwindigkeit erzielt werden. Das bedeutet nicht nur, dass Elektrifizierungen auf Nebenstrecken günstiger werden, sondern darüber hinaus, dass es im ländlichen Raum spürbar schneller gehen kann.“
Außerdem wiesen beide Verbände darauf hin, dass die Branche auch an anderer Stelle daran arbeite, bei der Elektrifizierung schneller voranzukommen, etwa durch Kooperationen bei der Ausbildung von Oberleitungsmonteuren.
Elektrifizierung bedeutet, eine Schienenstrecke mit einer Oberleitung zu versehen. Der Schienenverkehr wird dadurch noch umweltfreundlicher, weil nach einer Elektrifizierung auf Dieselantriebe verzichtet werden kann. Das Schienennetz wird außerdem leistungsfähiger und resilienter, da auf Strecken mit Oberleitungen längere und schwerere Züge gefahren werden und diese Strecken auch für Umleitungen genutzt werden können.
Quelle:
https://www.vdv.de/presse.aspx?id=fae7fde2-73c9-4070-8e8f-4fbf8e580665&mode=detail
Kommentar:
Elektrische Bahnen sind umweltgreundlich und effizient. Aber es gibt auch einen Nachteil: Strom wird zentral erzeugt, den Diesel oder früher die Kohle führt jede Lok mit. Wenn früher ein Baum auf die Gleise viel, wurde der beseitigt oder in der Dampflok gleich verheizt und der Zug konnte fahren. Wenn aber ein Baum in die Oberleitung fällt, ist die Strecke länger unterbrochen. Zieht ein Sturm durch das land mit vielen Baumschäden, kann die Instandsetzung sehr lange dauern. Es ist also wichtig, das Grün neben den Strecken zu pflegen.
Eine elektrifizierte Bahn ist aber asuch nicht so krisenfest, wie eine Dieselbahn. Es reicht zentrale Versorgungsstrukturen zu zerstören, um die Bahn lahmzulegen. Wenn die Technik ausfällt, kann auf einen Gelkis noch immer ein Dieselzug pendeln, ein elektrischer Triebwagen bekommt keinen saft.
Auch Eisregen kann die Oberleitung zu belasten, dass diese herunter fällt. Von daher ist es auch bei einer elektrischen Bahn nötig, dass diese so viele Dieselloks bereit hält, dass ein Notverkehr schnell wieder aufgenommen werden kann. Vielleicht können saich da die Bahnen Europas zusammen schließen, dass die eine Diesellok entwickeln, die überall fahren kann und dann als gemeinsame Krisenreserve von allen Bahnen gemeinsam vorgehalten wird. Denkbar wäre es auch, Notstromagregate vorzuhalten, die auf einem Güterwagen hinter der Lok den Fahrstrom erzeugen können.
Bei einem globalen Stromausfall fällt auch die moderne Signaltechnik aus. Das heißt es können nur noch sehr wenige Züge mit niedrigen Geschwindigkeiten fahren. Eine Reichbahn, die im 2. Weltkrieg die Versorgung der Menschen sicher stellen konnte, haben wir nicht mehr. Damals waren Stellwerke großteils mechnisch und die Loks führten ihre Kohle mit und ein dichtes Netz erlaubte Umleitungen um Kriegszerstörungen. Das alles ist heute nicht mehr gegeben, die Bahn hat Resilienz verloren. Politik muss alles tun, um Krisen und Kriegen vorzubeugen.