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Jedes zweite Unternehmen schränkt Fahrplan ein: „Sehen nur die Spitze vom Riesen-Eisberg, auf den wir zusteuern.“ / Gamestopper Personal: 80.000 gehen altersbedingt bis 2030

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https://www.vdv.de/presse.aspx?id=95d424d8-3711-4853-82af-50cbadbdf6b8&mode=detail 

Kommentar unter der Pressemeldung

 Im Nachgang der ausgebuchten 1. VDV-Fachkräftekonferenz in Berlin liegt nun die finale Gesamtauswertung der großen VDV-Branchenumfrage Personal 2023 vor – in der jedes zweite Unternehmen angibt, 2022 aus personellen Gründen den Fahrbetrieb zumindest zeitweilig eingeschränkt zu haben: 

„Die Fahrpläne wurden ausgedünnt und manche Linie gestrichen. Das tut natürlich weh. Das hatte 2022 auch mit außergewöhnlichen Krankheitswellen zu tun. Die tiefere Ursache ist jedoch, dass die Personaldecke infolge des demografischen Wandels immer kürzer wird. Um gegenzusteuern bereiten die Verkehrsunternehmen gezielte Maßnahmen vor oder setzen diese bereits um. Doch auch der Gesetzgeber ist in Bezug auf Führerscheinprüfungen, Mindestalter und Fachkräften aus dem Ausland gefordert“, 

erklärt Harald Kraus, Vorsitzender des VDV-Personalausschusses und stellvertretender Vorsitzender der VDV-Akademie. An der VDV Personalumfrage 2023 hat die Rekordzahl von 182 Verkehrsunternehmen aus dem öffentlichen Personen- und dem Schienengüterverkehr teilgenommen.

  
Die Verkehrsunternehmen gestalten den Wandel laut Branchenverband aktiv und schnüren ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um den Herausforderungen zu begegnen. Gleichzeitig gebe es ermunternde Entwicklungen, etwa bei den gestiegenen Einstellungszahlen, der Anzahl der Bewerbungen oder der Wahrnehmung der Branche. „Viel ist in diesen Tagen von der spielverändernden Wirkung des Deutschland-Tickets die Rede. Zu wenig sprechen wir noch vom Gamestopper Personalmangel: Wir sind uns einig, dass die Arbeitskräftesituation darüber entscheiden wird, ob unser Land die Klimaschutzziele im Verkehrssektor wird erreichen können. 2030 wird man wehmütig auf die noch vergleichsweise entspannten anfänglichen 2020er Jahre zurückblicken. Vom Riesen-Eisberg, auf den wir zusteuern, sehen wir bislang nur die Spitze“, so Kraus. Nach Angaben des VDV gehen in der gesamten Branche rund 80.000 Beschäftigte („Baby Boomer“) bis 2030 altersbedingt in den Ruhestand – und die Bus- und Bahnunternehmen haben einen besonders hohen Boomer-Anteil, da die Branche über Jahre hinweg wegen politischer Sparvorgaben kaum Nachwuchs einstellen konnte.

Branche nimmt Wandel zum Arbeitnehmermarkt an

In der Umfrage geben 62,4 Prozent der Unternehmen den Altersdurchschnitt mit über 46 Jahre an, den Frauenanteil mit rund 22 Prozent. „Wir müssen darauf mit mehr Flexibilität, mit mehr Teilzeit reagieren – das hilft nicht nur den Kolleginnen und Kollegen, die Familie haben“, so Harald Kraus. Der Personalbedarf hat laut 61,6 Prozent der antwortenden Unternehmen zugenommen, 17 Prozent sagen sogar: „stark zugenommen“. „Wir haben mittlerweile einen Arbeitnehmermarkt – und gleichzeitig einen Kulturwandel im Arbeitsalltag. Die Branche wird jährlich bis zu 8.000 Fahrerinnen und Fahrer für Bus und Tram gewinnen müssen, um das altersbedingte Ausscheiden von Kollegen kompensieren zu können“, so Kraus. Die VDV-Umfrage zeigt eine Branche, die aktiv auf dem Arbeitsmarkt unterwegs ist: Insgesamt haben 82 Prozent der Verkehrsunternehmen 2022 mehr Personal eingestellt als noch 2021 – obschon bereits im Vorjahr und trotz Corona die Zahlen zugelegt hatten. 39 Prozent der Unternehmen nehmen ein gesteigertes Interesse an der Arbeit in der Branche wahr, jedes Zweite registriert eine gleichbleibende oder höhere Zahl an Bewerbungen. Branche und Politik müssten dennoch neue Wege gehen, unsere guten Jobs besser, flexibler machen, die Ausbildung modernisieren und unsere Mitarbeiterschaft zufriedener machen.

Branche ist attraktiv und stellt Vorzüge heraus

Die Bewerberinnen und Bewerber haben eine attraktive Auswahl an Einstiegsmöglichkeiten, mit sicheren, zunehmend flexibleren, sinnstiftenden Jobs, die ihren Beitrag zum Klimaschutz, für höhere Verkehrssicherheit und für lebenswertere Kommunen leisten: Vom Fahrpersonal, über Kaufleute bis hin zu den technischen und organisatorischen Spezialisten aller Couleur. „Freilich suchen wir für den klassischen Fahrdienst am stärksten, immerhin sind dort branchenweit rund 100.000 Leute beschäftigt. 48 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Besetzung von Fahrdienst-Positionen aktuell die größte Herausforderung ist, gefolgt von gewerblich-technischen (14) und Ingenieurs-Positionen (13). Die Verkehrsunternehmen stehen dabei in Wettbewerb, beispielsweise mit der Logistik- und Plattformbranche.“ Gleichzeitig wird in der Branche Kritik an Bildungspolitik geübt: 77 Prozent der Unternehmen sagen, dass sich die Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber verschlechtert oder sogar stark verschlechtert hat. Der VDV empfiehlt folgende Maßnahmen:

  • Nutzen der gebündelten Branchenangebote der VDV-Arbeitgeberinitiative
  • Ruheständler: Gezielte Ansprache von Fahrerinnen und Fahrern im Ruhestand, um sie weiterhin mit attraktiven Angeboten für einige Zeit an den Fahrdienst binden zu können.
  • Studierende: Rekrutierung von Studierenden vornehmlich für die Tram, Abdeckung von täglichen Beförderungsspitzen und Wochenenden.
  • Führerscheine: Flexibilisieren von gesetzlich geregelten Pflichtstunden bei der Führerscheinausbildung Klasse D, so dass die künftigen Busfahrer und Busfahrerinnen frühzeitiger die Prüfung ablegen können, sobald ihre theoretischen und praktischen Fähigkeiten es erlauben.
  • Mindestalter: Senken des Mindestalters für Busfahrerinnen und Busfahrer von 24 auf 21 Jahre, um unabhängig von den Linienlängen in der gewerblichen Personenbeförderung in Deutschland tätig sein zu können.
  • Aktives Schaffen von Teilzeitangeboten: Attraktivitätssteigerung der Tätigkeiten im Fahrbetrieb durch Teilzeitangebote. Erfahrungen zeigen, dass Engpassberufe mit Teilzeitoptionen an Attraktivität gewinnen.
Der VDV setzt darüber hinaus auf mittelfristig wirksame Maßnahmen, etwa auf verstärkte Investitionen in die Berufsausbildung der Fahrberufe Fachkraft im Fahrbetrieb, Berufskraftfahrer und Eisenbahner im Betriebsdienst. Außerdem setzt sich der Branchenverband beim Gesetzgeber dafür ein, dass ausländische Bus-Führerscheine zügiger anerkannt werden.

Kommentar:
Von Felix Staratschek

Es stellt sich die Frage ob es sinnvoll ist bei so einer Personallage paralell zu Bahnstrecken Fernbusse einzusetzen und vergleichsweise kleine Gütermengen von unter 40 Tonnen mit einzelnen Fahrern durch das Land zu befördern. Verkehr gehört auf die Schiene verlagert um so das Personal von Fernbussen und LKW freizustellen, dass dringend an anderer Stelle als Lokführer oder Busfahrer gebraucht wird. Es braucht auf der Basis des Containers eine ganz neue Güterbahn, wie wir die noch nicht hatten. https://viertuerme.blogspot.com/2012/02/guteroffensive-statt-gesundschrumpfen.html

Wir brauchen standartisierte Personenzüge, die in der Lage sind ein paar Güterwagen mitzunehmen, wir brauche wieder Kurswagen. Warum keine Triebzüge wo jede Einheit einen Antreib hat und einen kleinen Stromspeicher der autonom Rangierfahrten zulässt. Solche Fahrzeuge könnten im Verbund als IC fahren und unterwegs Zugteile an andere Züge abgeben, um mehr umsteigefreie Verbindungen zu schaffen.

Bleibt noch ein Risikofaktor, die Staatsfinanzen. Ist der Staat auf Dauer in der Lage diese Busfahrer und Lokführer für die Verkehrswende zu bezahlen. Zwar kann es im Güterverkehr und  Fernverkehr eigenwirtschaftliche Angebote geben, der Nahverkehr verlangt aber eine Gesellschaft, die in der Lage ist den zu finanzieren. Und so wier akut Politik gemacht wird, befürchte ich hier enen  großen Knall der viele aus ihren Verkehrswende-Träumen reißen wird. Theoretisch ist diese Verkehrswende möglich und sinnvoll, aber ich vermisse eine wirtschaftlich nachhaltige Politik, die die Grundlage dafür ist, die Verkehrswende zu meistern. 

Grundsätzlich bedarf es einer Debatte, wie wir eine Gesellschaft schaffen, in der wir ohne sinnlose Arbeit leben können und trotzdem alle die Chance haben durch Einbringung in die Gesellschaft ein Einkommen zu erhalten. Wie muss die Ordnung und das Geldsystem so einer Wirtschaft aussehen? Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, ist es sehr riskant die bestehende Wirtschaft zu zerstören. 

Den Euphemismus "demographioscher Wandel" sollten wir uns abgewohnen, es handelt sich um einen Kollaps. 

Hier muss dringend die Frage gestellt werden, wie muss eine Gesellschaft beschaffen sein, wo wieder mehr Frauen ja zum Kind sagen können und das Kindeswohl das oberste Gebot allen Handelns ist? 

Was muss Bildung vermitteln, um eine Gesellschaft zu fördern, wo die generative Erneuerung klappt? 

Was muss sich ändern, dass Frauen, die Ja zum Kind sagen nicht in der Rente und beim Erwerb benachtiligt werden? 

Braucht es wirklich Frauenquoten oder Quoten für Menschen die eine Erziehungspause in der Erwerbsarbeit hatten? 

Muss die Familienarbeit nicht der Erwerbsarbeit gleichgestellt werden?


  


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